Gratwanderung
125 x 80 cm, Acryl auf Leinwand
Mit dem Projekt NEUE WEGE möchte ich einen alternative und innovative Herangehensweise im künstlerischen Medium der Malerei aufzeigen: Hierfür machte ich bewusst den Schritt aus dem Atelier
hinaus und konfrontierte mich mit den physischen und psychischen Strapazen einer Fußreise. Mittels zeichnerischer Utensilien, Aquarell- und Temperafarben wurden bereits während der Reise
Eindrücke und Ideen in kleineren Arbeiten festgehalten. Tagebucheinträge dokumentierten und begleiteten den Fortschritt des Weges. Als Künstler und Pilger wurde ich gleichsam selbst zum
Bildträger, mein Weg zu der von Schweiß und Erde grundierten Leinwand, meine Erinnerungen und Erlebnisse zu Farben und Formen.
Die Einbettung des Projekts erfolgte ganz bewusst vor dem Kontext einer Fußreise auf den alten Straßen Europas: Die von mit intendierte Verlangsamung im künstlerischen Schaffensprozess wird
vornehmlich durch die Konzentration auf die eigentliche Erfahrung des Weges und deren reflexive Verarbeitung durch einfache handwerkliche Mittel erreicht. Die Skizzen und Arbeiten haben mich auf
der Wanderung begleitet, sind mit den Herausforderungen gewachsen und haben Spuren und Strapazen des Weges in sich aufgenommen. Durch das Verarbeiten der Wegerfahrung und die Präsentation der
Bilder in den abschließenden Ausstellungen möchte ich zudem erneut ein Bewusstsein für das kultur- und kunsthistorische Erbe entlang dieser Strecke und zwischen den einzelnen Regionen, Städten
und Gebieten schaffen. Darüber hinaus sollen Tirol, die Alpenregion und Italien als kulturell verbindendes und nicht trennendes Element wahrgenommen werden, die Pilgerfahrt nicht ausschließlich
als religiöse, sondern besonders ursprüngliche Form der Selbstverwirklichung.
Das Thema des Wanderns und Pilgerns hat viele Facetten, wobei mich vor allem der Gegensatz zwischen der regulierten Welt des Alltags und dem unbeschwerten
In-die-Welt-hinaus-Ziehen von jeher am meisten faszinierte. Die Dinge werden im Wandern anders wahrgenommen, erhalten neue Werte, die Hektik weicht einer gemächlichen Gelassenheit, die uns neue
Perspektiven verschafft und uns vor allem fremde Länder, deren Sitten und Landschaft mit anderen Augensehen lässt. Es ist mir ein Anliegen, diese Werte durch meine Kunst zu vermitteln und damit
den Horizont des heutzutage in der Gesellschaft eingeschlossenen Menschen zu erweitern.
[Florian Köhler, 2015]