Das Projekt NEUE WEGE setzte sich die künstlerische Verarbeitung einer achtwöchigen Fußreise von Innsbruck bis Rom entlang alter europäischer Pilgerrouten in den bildnerischen Medien der Zeichnung und der Malerei zum Ziel. Die unterwegs und während des an die Wanderung anschließenden Romaufenthalts entstandenen Arbeiten wurden in Themen und Ausformulierung durch die Erlebnisse während der Fußreise bestimmt und spiegeln in diffiziler Weise die transregionalen und interkulturellen Besonderheiten dieser europäischen Kulturstrecke wieder. Der Weg selbst wurde somit zum bestimmenden Faktor eines künstlerischen Werkzyklus, mit dem ich zugleich eine eigenständige Position im Feld der zeitgenössischen gegenständlichen Malerei beziehen möchte.
Ausgangspunkt für den knapp 1.250 km langen und im Mai und Juni 2014 absolvierten Fußmarsch war Innsbruck, von wo die Strecke über den Brennerpass und weiter über Bozen, Trient, Padua, Ferrara,
Bologna, Dovadola und schließlich über Assisi und Rieto bis nach Rom führte. Dabei wurden von mir schon während der Reise Notizen und kleinere Arbeiten in Form von Zeichnungen, Aquarellen und
Tagebucheinträgen angefertigt um die Erlebnisse, Erschwernisse und den Tagesablauf der insgesamt 54 Tage langen Reise zu dokumentieren. Nach meiner erfolgreichen Ankunft in Rom Ende Juni folgte
die zweite Projektphase: Die unterwegs entstandenen Aufzeichnungen und Arbeiten wurden von mir als Ausgangsmaterial für einen in Rom geschaffenen Werkzyklus genommen, dessen klein- und
großformatige Arbeiten auf Leinwand und Papier ich in den beiden Abschlussausstellungen in Rom (Campo Santo Teutonico) und Innsbruck (Die Bäckerei, Kulturbackstube) präsentiert habe.
Die Durchführung der Fußwanderung erfolgte entlang eines alten europäischen Wegenetzes, das über viele Jahrhundert hindruch als zentraler Umschlagplatz für Reisende einen intensiven kulturellen
Austausch zwischen den einzelnen Provinzen und Regionen erlaubte. An der Schnittstelle zwischen Wallfahrt und romantischem Wandervergnügen, religiöser Praxis und provinziellem Brauchtum
soll das Projekt NEUE WEGE gezielt regionale und kulturelle Schranken aufbrechen und die Praxis des Pilgerns, aber auch das Phänomen der Künstlerreise im zeitgenössischen Kontext untersuchen und
hinterfragen.
[Florian Köhler, 2015]